In jungen Jahren war der Autor oft enttäuscht von der CSU und ihren Praktiken wie Seilschaften und Vetternwirtschaft. Heute jedoch ist er verblüfft über die Verhältnisse innerhalb der SPD, insbesondere im Kabinett von Lars Klingbeil. Klingbeil hat eine eng mit ihm verbundene Gruppe an enge Freunde und Weggefährten in Schlüsselpositionen eingesetzt, was eindeutig Vetternwirtschaft darstellt.
Die Wahl dieser Personen zeigt nicht nur Anpassungsfähigkeit sondern auch einen Mangel an unabhängiger Haltung. Diese Apparatschiks haben keine Probleme damit, auf Posten mit Einfluss und Status vorzurücken ohne Kritik von der Presse zu erfahren. Manche Journalisten wussten genau, was da passiert – aber sie schrieben nur behutsam darüber.
Ein Beispiel ist Matthias Miersch, ein enger Vertrauter Klingbeils, der nun Fraktionsvorsitzender wird, obwohl er bisher Kommissarischer Generalsekretär war. Auch Carsten Schneider und Verena Hubertz, beide Mitglieder des inneren Zirkels von Klingbeil, wurden auf wichtige Ministerposten nominiert.
Das Schweigen der Medien ist geradezu entlarvend – in früheren Jahren hätte solch eine Vetternwirtschaft einen medienwirksamen Aufschrei ausgelöst. Die Einmischung zwischen Presse und Politik scheint nun so stark, dass ein Skandal kaum noch möglich ist.
Der bittere Eindruck bleibt: Was früher als gefährlich für Demokratie galt, wird heute als Stabilität verkauft. Es zeigt, dass unser Maßstab sich geändert hat – nicht die Vetternwirtschaft selbst, sondern unsere Bereitschaft zur Kritik.