Vergessene Lockdown-Opfer: Viele Schüler schaffen ihren Abschluss nicht
Ein Gastbeitrag von Ada M. Hipp, Lehrerin an einer Berliner Schule, zeichnet ein düsteres Bild der Folgen des Lockdowns für die Bildung von Schülerinnen und Schülern. Während Politiker sich damit beschäftigen, wie sie das Pandemie-Verhalten rechtfertigen können, bemühen sich Lehrkräfte verzweifelt darum, erkannte Lernlücken zu schließen und Schüler zum erfolgreichen Abschluss zu führen.
An einem besonderen Prüfungstag im März ist es still in der Schule. Die Zehntklässler bestehen ihre erste Prüfung für den Mittleren Schulabschluss (MSA). Dieser Tag sollte Freude und Erleichterung bringen, doch das Gegenteil ist der Fall: Viele Schüler erreichen nicht die erwarteten Noten. Ein großer Teil der Schülern muss nun unter enormem Druck stehen, um in den folgenden Prüfungen mindestens eine Note „Vier“ zu erzielen.
Die aktuelle Jahrgangsstufe ist laut Ada M. Hipp der leistungsschwächste seit der Einführung der Berliner Schulstrukturreform im Jahr 2010. Die Prüfung zur Berufsbildungsreife (BBR) hat 80 Prozent der Schülerinnen und Schüler in Mathematik und Deutsch nicht bestanden, was bedeutet, dass sie ohne Abschluss die Schule verlassen werden.
Lehrkräfte tun alles, um den Schülern zu helfen. Sie geben Zeit für Prüfungsvorbereitungen, nutzen Unterrichtsstunden für Teamsessions und bieten Workshops an, in denen notwendige Strategien für erfolgreiche Präsentationsprüfungen gelehrt werden. Trotzdem bleiben die schlechten Noten bestehen.
Schülerinnen und Schüler haben oft Migrationshintergründe, wobei viele Eltern selbst kaum Bildung genossen haben. Sie sind auf sich allein gestellt und können selten von zu Hause Unterstützung erwarten. In der Zeit des Lockdowns mussten sie auch unter sehr schwierigen Umständen lernen.
Als das erste Schulhaus im März 2020 schloss, wurden Schüler aus der Ferne weitergeschult. Viele Eltern konnten ihre Kinder jedoch nicht angemessen unterstützen, da sie selbst Bildungsnachteile hatten oder gar kein Internetzugang besaßen. Die Wiedereröffnung der Schulen nach den Sommerferren führte zu neuen Herausforderungen und Lockdowns.
Die Prüfungen zum MSA wurden 2021 und 2022 ausgesetzt oder eingeschränkt, sodass Schülerinnen und Schüler einen großen Teil des Lehrstoffes versäumt haben. Im Jahr 2024 sollten die Einschränkungen aufgehoben werden, doch das Ergebnis ist niederschmetternd: Nur 30 Prozent erreichten den Mittleren Schulabschluss.
Ada M. Hipp beschreibt ihre Bemühungen als Lehrerin, um trotz aller Hindernisse zu helfen und den Lernfortschritt der Schülerinnen und Schüler zu sichern. Sie weist aber auch deutlich auf die Verantwortung der Politik für diese katastrophalen Ergebnisse hin.
Kategorie: Politik
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